
Hanfanbau in Deutschland:
Familie Wöllner produziert Bio-Nutzhanf
Produkte aus Hanf boomen. Die Wöllners bauen die nährstoffreiche Pflanze in der Altmark in Bioqualität an – und stehen dabei unter strenger Beobachtung von oben.
Mit Hanf die richtige Nische gefunden
Für Freunde von Hanfprodukten dürfte im Dörfchen Lindenberg das Paradies auf Erden liegen. Hier in der Altmark, zwischen Stendal und nirgendwo, betreibt Familie Wöllner ihren Biohof nach Demeter-Vorgaben und baut Nutzhanf in Bioqualität an.
Schon in zehnter Generation leben die Wöllners von der Landwirtschaft. Heute kümmern sich Senior Hartmut Wöllner mit Frau Gudrun sowie Sohn Marius mit seiner Partnerin Sonja um den Ertrag ihrer Felder.
Nach der Wende war der Hof zusammengebrochen. Marius Wöllner beschloss: Wir müssen etwas anders machen, eine Nische besetzen. Und diese Nische ist Hanf. Der Sohn bewies damit ein gutes Näschen. Denn heute boomt Hanf wie nie zuvor.
Die Produkte aus dem hochwachsenden, krautigen Gewächs schießen schneller aus dem Boden als die Pflanzen aus dem Acker. Kaffee, Müsli, Pesto, Nudeln, Tee, Bier, Limonade, dazu Cremes, Shampoo und Zahnpasta – die Liste der Hanfprodukte ist lang und wird länger.


Hanf ist besonders nährstoffreich
So unterschiedlich die Erzeugnisse sind, haben sie doch eines gemeinsam: Ihr Charme liegt in ihrer öffentlichen Wahrnehmung – irgendwo zwischen empfehlenswertem Bioprodukt und verbotenem Rauschmittel.
Die Nährstoffe des Nutzhanfs sind reichhaltig und unbestritten gesund. Schließlich beinhalten Hanfsamen wertvolle Fettsäuren, viel pflanzliches Eiweiß, Vitamine, Calcium, Kalium, Magnesium und Eisen. Wer morgens sein Müsli mit Hanfsamen isst oder auf hanfbasierte Cremes zur Hautpflege setzt, wird von Ernährungsexperten wie Dermatologen gleichermaßen hören: gut so!
Die beruhigende oder entzündungshemmende Wirkung von CBD-Produkten wie Ölen oder Tee sieht die deutsche Verbraucherzentrale allerdings skeptisch. CBD? Marius Wöllner erklärt es genauer. „Die Abkürzung steht für Cannabidiol, das man aus der europäischen Hanfpflanze gewinnt. Mit der psychoaktiven Wirkung von THC, also Tetrahydrocannabinol, das in dem von den Blütenständen produzierten Harz und eben auch in Marihuana enthalten ist, hat CBD aber nichts gemein, außer dass beide Inhaltsstoffe drei Buchstaben haben.“


Strenge Kontrolle der Behörden
Gleichwohl ist Vorsicht geboten: Wer hanfhaltige Nahrungsergänzungsmittel wie Öl oder Proteinpulver zu sich nimmt, kann unter Umständen bei Urin-Drogentests positiv abschneiden, auch wenn er eigentlich „sauber“ ist. Der Anbau von Nutzhanf wird deshalb von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) mit Argusaugen kontrolliert.
„Wir dürfen unsere Samen nur aus einem Katalog mit rund 60 in der EU zugelassenen Sorten beziehen, deren THC-Gehalt unter 0,2 Prozent liegt“, betont Marius Wöllner. „Dann müssen wir von der Aussaat über die Blüte bis zur Ernte alles dokumentieren.“
Noch in der Blütezeit entnimmt das BLE eine Probe zur Bestimmung des THC-Gehalts und gibt erst anschließend grünes Licht zur Ernte – oder eben auch nicht. „Die Kontrollen sind unfassbar genau“, sagt der studierte Landwirt. „Die Maße der Felder werden sogar aus dem All per Satellit nachgemessen.“


Nutzhanf auf 40 Hektar
Mitte Mai sät Familie Wöllner auf ihren 40 Hektar per Drillmaschine aus und erntet je nach Sorte und Witterung zwischen August und Oktober. Mit 400 Kilogramm Hanfsamen pro Hektar taxieren die Biolandwirte den Ertrag.
Um den Vertrieb der eigenen Hanfprodukte kümmern sich Sohn Marius und seine Mutter. „Unsere Produkte unter der Marke darumBio! stellen wir nicht selbst her, das wäre zu aufwendig“, sagt Gudrun Wöllner. „Doch für jedes Produkt gibt es in der Umgebung einen Betrieb, der helfen kann.“ Eine Rösterei sorgt für den koffeinfreien Hanfkaffee. Ein Konditor kreiert eine vegane Schokolade mit Hanfsamen. Andere besitzen eine Ölpresse für CBD-Öl.
Und auch für Häuslebauer und Kleingärtner ist Hanf ein Thema, weiß Marius Wöllner. „Die Fasern kann man zur Dämmung nutzen, und die holzigen Teile, die sogenannten Schäben, werden als Tierstreu oder als Bestandteil von Bau- und Dämmstoffen verwendet.“