
Urbane Selbstversorgung:
Die Stadtfarmer von Minitopia
Mit altbewährten Anbaumethoden und kreativen Ideen wird auf einem ehemaligen Lkw-Werkstattgelände urbane Selbstversorgung erprobt. Der Ort heißt: Minitopia.


Jeder Einzelne kann Dinge im Kleinen tun. Und Großes bewirken.


Würmer sorgen für gute Erde
Stevie Engelbrecht steht in der großen Halle, die den vorderen Teil des Grundstücks dominiert. Die Gründerin von Minitopia ist dabei, die Kompostwürmer zu füttern. Die fleißigen Mitarbeiter helfen bei der Selbstversorgung mit Lebensmitteln. In den selbst gebauten Kisten, in denen die Würmer leben und Bioabfall in erstklassige Erde und allerfeinsten Naturdünger verwandeln, herrschen ganzjährig perfekte Bedingungen.
Auf dem Gelände der ehemaligen Lkw-Werkstatt in Hamburg-Wilhelmsburg stehen die Wurmboxen überall dort, wo pflanzliche Abfälle anfallen. „So einen Wurmkomposter kann sich jeder einfach selbst bauen und in die Küche oder auf den Balkon stellen. Wer will, kann das bei uns in einem Workshop lernen“, erzählt Stevie. Beim Öffnen der großen Kiste, die neben dem Tresen steht, an dem sie kürzlich noch Saatgut sortiert hat, fällt auf: Es stinkt gar nicht, sondern riecht angenehm nach gesunder, nährstoffreicher Erde – der besten Grundlage für erfolgreiches Pflanzenwachstum.


Hier ist jeder willkommen
Zwischen alten Kränen, Bauwagen, Transportern und Reifen, die der vorherige Mieter zurückgelassen hat, wächst und gedeiht pralles Leben. Insgesamt stehen 1000 Quadratmeter Außenfläche sowie 260 Quadratmeter Halle samt Werkstatt zur kreativen Verfügung.
Ob Teenager oder Senioren: Alle, die Lust haben, an einer Zukunft zu arbeiten, in der man sich in der Stadt selbst mit Lebensmitteln versorgen kann, können sich hier ausprobieren – mit den Ressourcen vor Ort und gegenseitiger Unterstützung. Über 50 Leute kommen inzwischen regelmäßig auf das Minitopia-Gelände. Stevie freut sich über die bunte Vielfalt an Menschen: „Alle gehen hier liebevoll miteinander um und respektieren sich.“


Hochbeete und Mischkulturen
Im Garten im hinteren Teil des Grundstücks bauen die Stadtfarmer Gemüse , Obst und Kräuter an. Da der Boden aber aufgrund seiner vorherigen Nutzung mit Schadstoffen kontaminiert ist und zudem große Flächen versiegelt sind, kann dies nicht direkt im Boden geschehen. Schlechte Voraussetzungen also für den Gartenbau. Doch für Stevie ist das Industriegelände ideal, „denn es stellt mit seinen belasteten Böden die Realität in Städten dar.“ Gegärtnert wird darum kurzerhand in selbstgebauten Hochbeeten.
Jedes einzelne Hochbeet wird von einer festen kleinen Gärtnermannschaft betreut, die die unterschiedlichsten Arten- und Sortenkombinationen ausprobiert. Sie folgen dabei dem Prinzip der Permakultur. Diese in den 1970er Jahren entwickelte Anbaumethode basiert auf der Beobachtung natürlicher Kreisläufe in Ökosystemen und ahmt diese nach.
In Beet-Tagebüchern wird jede neue Pflanzenkombination, deren Pflege und die resultierenden Ernteerfolge dokumentiert. Durch das ständige Ausprobieren und Beobachten hat sich ein beträchtliches Wissen angesammelt – von der richtigen Pflanzenauswahl über Wassermenge und Saatgut-Gewinnung bis hin zum optimalen Erntezeitpunkt.