Holzbildhauerin aus Leidenschaft
Aus grob wird fein: Myrthe Rödelberger setzt für ihre Skulpturen Kettensäge, Klüpfel und Beitel ein. In ihrem Atelier erschafft sie in mehreren Arbeitsschritten ausdrucksstarke Figuren.
Das ist das Gute am Bildhauern – man kann alles rauslassen.
Die Werkzeuge einer Holzbildhauerin
Vor allem mit Beitel und Klüpfel geht es ran ans Werk: Mit jedem wuchtigen Hammerschlag auf das stumpfe Ende des scharfen Eisens verliert das Holz an Material und die Skulptur gewinnt an Form.
Myrthe Rödelberger aus Neubrandenburg hantiert auch routiniert mit der Kettensäge. Angst vor schwerem Gerät hat sie keine. Für ihre Arbeit braucht sie eine gute Kondition fürs Grobe und Fingerspitzengefühl fürs Feine. Dazu viel Phantasie, Kreativität, handwerkliches Geschick, Geduld – und natürlich die Liebe zum Material: Holz.
Gut ist, was lange hält
Schon als Kind konnte sich Myrthe für Holz und die Natur begeistern. Sie wuchs im Schwarzwald auf, verbrachte viel Zeit draußen. Nach dem Schulabschluss war klar, dass sie einen Beruf braucht, der mit Holz zu tun hat: Bildhauerin.
Nach dem Studium lebte sie auf Lanzarote, reiste durch die Welt, entdeckte Länder wie Island sowie die urtümlichen Landschaften Sibiriens, die ihre Skulpturen heute noch beeinflussen. „Ich habe beobachtet, dass die Menschen in der Mongolei den Gegenständen mehr Liebe entgegenbringen und ihnen größere Bedeutung beimessen. Da gibt es keine Wegwerfkultur.“
Myrthe umgibt sich gern mit ästhetischen Dingen, die einen Wert haben und ein Leben lang halten. Dazu gehört auch ihr Werkzeug. Am liebsten mag sie handgeschmiedete Hohlbeitel.
Etwa 50 ausdrucksstarke Stücke hat die Künstlerin damit bisher geschaffen. Teilweise stehen sie in ihrem weitläufigen Atelier. Für mache Skulpturen benötigte sie einige Monate. Die Bäume, die sie verwandelt, mussten Straßen weichen oder der Sturm hat sie entwurzelt.
Anfangs wird geformt
Bevor Myrthe das Holz bearbeitet, fertigt sie eine Skizze auf Papier und modelliert ein Tonmodell – es hilft dabei, die Proportionen später auf das große Holzstück zu übertragen.
Myrthe hat schon eine genaue Vorstellung davon, was aus dem Rohmaterial einmal werden soll. „Eine Gruppe von Menschen, ineinander verschlungen, mit vielen Durchbrüchen, so wie es das Holz vorgibt.“
Das Holz für ihr nächstes Kunstwerk stammt aus dem Schlosspark in der Nähe des Ateliers. Ein großer, innen hohler und noch unbehauener Lindenstamm mit einem Durchmesser von knapp einem Meter. Ihre Skulpturen entstehen meist aus Linden-, Eichen- und Ulmenstämmen.
Ihr Lieblingsholz? Schwierig, denn jedes Holz hat seinen eigenen Charakter. „Eiche ist am härtesten, Lindenholz dagegen weich wie Butter, super zu formen." erklärt Myrthe. „Ulme und Walnuss haben eine schöne Maserung“. Nicht so gerne mag sie langfaseriges Holz wie Tanne oder Pappel.
Ausgleich muss sein
Nach der kräftezehrenden und lautstarken Arbeit mit der Kettensäge greift Myrthe häufig und gern zu Pfeil und Bogen – selbstverständlich auch eine Eigenanfertigung – und trainiert in der Halle das Bogenschießen. Ein Sport, bei dem es wie beim Bildhauen auch um Konzentration geht. Das Hobby teilen natürlich auch ihre Kinder – genau wie das Schnitzen.
Die Natur ist das beste Vorbild
Rund um Neubrandenburg finden sich zahlreiche verwunschene und einsame Plätze. Das ist – neben dem Atelier in der großen Halle – der Hauptgrund, warum Myrthe Rödelberger in den Osten Mecklenburg-Vorpommerns gekommen ist. Die Seen, die Wälder, das dünn besiedelte Land. Hier verbringt sie gern Zeit mit ihren drei Kindern.
Myrthe nimmt immer ihr Skizzenbuch mit und zeichnet. Mal das, was sie sieht, mal das, was in ihrer Phantasie entsteht. Myrthe und ihre Kinder haben außerdem stets ihre Schnitzmesser dabei. Die Begeisterung für das Leben draußen teilen sie mit ihrer Mutter. Nach so einem Ausflug kommt die Familie oft mit Schalen, Kellen oder Löffeln aus Holz zurück. Mit viel Liebe und Fleiß selbst von Hand gemacht. Wie so vieles im Leben von Myrthe Rödelberger.