Blumenkünstler Lewis Miller aus New York
Nanu, was blüht denn da? Ob Gorilla-Skulptur oder Eiscreme-Truck, Telefonhäuschen oder Mülleimerkörbe – Lewis Miller verwandelt öffentliche Plätze kurzerhand in farbenfrohe Kunstwerke. Der Designer und Florist ist bekannt für seine Flower Flashes, üppige florale Installationen auf den Straßen New Yorks. Wir haben mit ihm gesprochen.
Was ist die größte Herausforderung bei einem Flower Flash?
Lewis Miller: Sie besteht tatsächlich darin, die alten Metalldraht-Mülleimer zu finden, die uns als XXL-Vase dienen. Die Stadt New York ersetzt sie nämlich nach und nach gegen neuere, nagetiersichere Modelle, die aber für unsere Blumeninstallationen ungeeignet sind.
Wie oft und in welchen Abständen finden Aktionen statt?
Gewöhnlich flashen wir in New York alle sechs Wochen und entscheiden etwa vier bis fünf Tage im Voraus über das Wo und Wann. Wenn wir zu weit im Voraus planen, geht die Spontaneität verloren. Bei unseren blumigen Street-Art-Installationen dreht sich alles um Schönheit und Geschwindigkeit. Wir machen sie normalerweise in weniger als einer Stunde, wie zum Beispiel die Mülleimer-Flashs. Andere Installationen wie der Ice Cream Truck dauern länger.
Was war Euer anspruchsvollstes Projekt?
Wir haben Atlas, die riesige ikonische Bronzestatue im Rockefeller Center, geflasht. Wir brauchten zwei Hebebühnen, um sie mit unserer fast zehn Meter langen Girlande aus echten Blüten zu schmücken.
Hattet Ihr jemals Ärger mit der Polizei?
Mit der Polizei? Nein, niemals! Ganz im Gegenteil: Sie winken fröhlich, schenken uns im Vorbeifahren ein Lächeln und zeigen mit dem Daumen nach oben. Probleme machen uns manchmal mürrische Türsteher, die denken, dass ihnen der Bürgersteig des Gebäudes gehört, vor dem sie stehen. Und verärgerte Hundehalter, die nicht wissen, wo sie ihren Kotbeutel hinwerfen sollen, wenn der Mülleimer voller Blumen ist. Die nehmen wir ihnen dann ab – also alles kein Problem.
Woher kommen denn die Blumen?
90 Prozent unserer Flower Flashes bestehen aus echten Blüten und Blättern. Wir beziehen sie vom New Yorker Großmarkt. Es ist uns äußerst wichtig, unsere lokalen Blumenmärkte und -verkäufer zu unterstützen.
Passanten dürfen sich ja die Blumen von den Installationen mitnehmen. Wie lange hält ein Arrangement im Schnitt?
Das kommt ganz darauf an. Einer unserer Mülleimer-Flashs hielt mal weniger als eine Stunde. Aber der Durchschnitt liegt bei etwa zwei bis drei Stunden. Auch wenn die Blumen zum Mitnehmen bestimmt sind, freuen wir uns, wenn die Passanten später ein Bild machen und es posten. Denn es ist schön, etwa auf Instagram Fotos von den Blumen aus einem unserer Flashs bei jemandem zu Hause in der Vase zu sehen. So haben die Blumen ein zweites und drittes Leben.
Bist Du nach über 100 Flashes eigentlich noch aufgeregt?
Ja, absolut. Mein Team und ich haben immer noch ein Kribbeln im Bauch, wenn wir vor Sonnenaufgang zu einem Ort gehen, um ihn zu präparieren. Was wir tun, ist ja nicht ganz legal. Weder bitten wir im Voraus um Erlaubnis, noch bekommen wir eine offizielle Genehmigung erteilt. Aber wir verschönern unsere Stadt.
Welches Gebäude würdest Du gern mal mit Blumen schmücken?
Es würde mir wirklich Spaß machen, die Uhr an der Grand Central Station zu flashen. Es ist ein sehr romantischer Ort und steht für New Yorker wie kaum ein anderes Gebäude.
Warum begeistert Du Dich so für Blumen?
Sie faszinieren mich, weil sie unvergleichbar sind. Blumen existieren, um schön zu sein, um Schmetterlinge und Bienen anzulocken – eine einfache, aber erstaunliche Lebensaufgabe. Und Blumen verwandeln die Energie eines Raumes wie nichts anderes. Sie stehen für Zerbrechlichkeit und zeigen uns die Kürze und Vergänglichkeit unseres eigenen Lebens auf.
Wenn Du in Deinem nächsten Leben als Blume wiedergeboren werden könntest, was wäre das für eine?
Eine schwarz-weiße Anemone.