Sean Yoro vor Schiffswrack

Streetart-Künstler Sean Yoro: Vom Wasser
an die Wand

Sean Yoro ist ein Star der Mural-Szene. Der gebürtige Hawaiianer, besser bekannt als HULA, malt seine Wandbilder am liebsten vom Wasser aus – auf einem SUP-Board. So gelangt er an Orte, die sonst unerreichbar wären, und schafft mit seiner Streetart ganz neue Perspektiven.

Sean Yoro mit schwarzer Mütze Sean Yoro mit schwarzer Mütze

Wie viele andere Streetart-Künstler auch verschönerst Du Wände und Flächen. Das Besondere aber bei Dir: Du machst das vom Wasser aus. Wie kam es dazu?

Zu Beginn meiner Karriere suchte ich immer nach Möglichkeiten, meine Studiobilder in den öffentlichen Raum zu übertragen. Ich habe mich aber nie wirklich bereit gefühlt, den Sprung zu wagen, bis ich endlich das Konzept der Wasser-Wandmalerei ausgearbeitet hatte. Es war ein langer Prozess mit vielen gescheiterten Versuchen. Ursprünglich dachte ich, es wäre viel zu viel Ausrüstung für so ein Paddelbrett, und ich sollte lieber ein Boot mieten. Aber schließlich habe ich einen Weg gefunden.

Sean Yoro auf SUP Sean Yoro auf SUP

Auf dem Wasser zu arbeiten ist bestimmt eine wackelige Angelegenheit. Wie hältst Du die Balance?

Ich bin quasi auf dem Surfbrett aufgewachsen, kann mich also ziemlich schnell an die jeweiligen Gegebenheiten auf dem Wasser anpassen. Tricky sind Strömungen und Kielwasser, die Dich manchmal plötzlich erwischen. Normalerweise reise ich mit einem aufblasbaren 3-Meter-Board. Aber manchmal haben Kunden auch normale Paddle-Boards vor Ort, die ich dann nutze.

Gemälde auf Kaimauer Gemälde auf Kaimauer

Was ist die größte Herausforderung bei Deiner Arbeit?

Sich an die Umgebungsbedingungen vor Ort anzupassen. Bei größeren Wandbildern kann ich ja nur etwa eine Höhe von 2,75 Meter erreichen. Also habe ich angefangen, Orte aufzusuchen, an denen ich stärkere Unterschiede in den Gezeiten hatte, um höher zu kommen. Dies brachte natürlich eine ganze Reihe neuer Probleme mit sich, erforderte vor allem viel mehr Präzision beim Malen.

Schriftzug spiegelt sich im Wasser Schriftzug spiegelt sich im Wasser

Verfolgst Du mit Deiner Arbeit eine besondere Mission?

Es war schon immer mein Ziel, mit meiner Arbeit Perspektiven zu wechseln. Ich interessiere mich leidenschaftlich für Umweltthemen, und es ist sehr befriedigend, Konzepte zu erstellen und Kunstwerke zu erschaffen, die sowohl ein schöner kreativer Prozess sind als auch eine größere Botschaft vermitteln.

Mural vor Dschungel Mural vor Dschungel

Welchen Stellenwert haben Naturschutz und Nachhaltigkeit für Dich?

Ich habe in meiner Arbeit immer den drängenden Umweltthemen wie der Erderwärmung Priorität eingeräumt. Wer wie ich auf Hawaii aufwächst, sieht jeden Tag die immense Schönheit der Natur – und weiß, wie leicht sie schnell als selbstverständlich angesehen werden kann.

Warum bildest Du häufig Gesichter von Frauen ab?

In meiner Studioarbeit male ich sowohl Männer als auch Frauen. Doch als ich anfing, auf rauen, verlassenen Kaimauern zu malen, schien es mir angebracht, die nüchterne Szenerie mit weiblichen Figuren auszugleichen.

Sean Yoro auf Eisberg Sean Yoro auf Eisberg

Wie gehst Du vor, wenn Du ein Projekt umsetzen möchtest?

Sobald ich eine griffige Idee habe, erkunde ich normalerweise mit einem kleineren Team ein paar Standorte und mache vielleicht sogar kleinere Testläufe. Sobald der Prozess für mich weitgehend klar ist, planen wir die endgültige Produktion.

Farben auf SUP Farben auf SUP

Welche Farben setzt Du ein? Sind sie umweltfreundlich und wasserfest?

Farben und Mittel variieren natürlich je nach Standort und Konzept. Aber wir verwenden auf jeden Fall immer umweltfreundliche und ungiftige Materialien.

Gemälde auf Eisscholle Gemälde auf Eisscholle

Besonders beeindruckend ist das Bild, auf dem Du auf einer Eisscholle liegst, neben Dir das Auge einer Frau.

Dieses Foto wurde in Iqaluit auf Baffin Island im Norden Kanadas aufgenommen. Es war eine der ersten Kampagnen, an denen ich mit The North Face gearbeitet habe. Das Unternehmen hatte mich mit der Inuit-Gemeinschaft in Kontakt gebracht, um mehr über ihre Sorgen und Wünsche zu erfahren. Diese indigene Volksgruppe klagt vor allem über die drastischen Klimaveränderungen. Das Auge ist von einer prominenten Inuit-Aktivistin, die leidenschaftlich dafür kämpft, dass Menschen die Klimaprobleme endlich sehen und die notwendigen Veränderungen vorantreiben.

gemaltes Auge in Eistunnel gemaltes Auge in Eistunnel

Hast Du direkt aufs Eis gemalt?

Ja und nein. Ich habe eine Technik verwendet, bei der ich das Eis zuerst mit Wasser besprühe und einen grundierten Film auflege, der dann wieder anfriert. Auf die grundierte Schicht kann ich dann malen.

Wie lange halten Deine Kunstwerke auf dem Eis?

Da alle Materialien umweltfreundlich sind, neigen sie dazu, recht rasch durch Salz oder Sonne zu zerfallen. Eisbilder verschwinden am schnellsten, da sie innerhalb eines Tages wegschmelzen und wir dann die übriggebliebene Grundierungsschicht zurückholen. Kunstwerke an Wänden bleiben zwischen einem Monat und ein paar Jahren bestehen – was hauptsächlich von der Menge an direktem Sonnenlicht abhängt.

Wasserfall Wasserfall

Welches Projekt war Dein spannendstes und was Dein schwierigstes?

Ich spüre bei jedem Projekt eine große Begeisterung. Das vielleicht am meisten adrenalingeladene war ein Wandbild, das ich auf die Spitze eines Wasserfalls gemalt habe. Ich war während des Malens definitiv die ganze Zeit in Alarmbereitschaft! Die größte Herausforderung war eine Unterwasser-Serie, die ich auf künstlichen Riffen erstellt habe. Es erforderte fast ein Jahr Training und kostete mich einige Verletzungen, bis wir damit durch waren.

Sean Yoro mit Regenschirm vor Gemälde Sean Yoro mit Regenschirm vor Gemälde

Was planst Du in nächster Zeit?

Das kann ich noch nicht genau sagen. Ich habe viele Ideen und bin gespannt, aus welchen dann wirklich eine Produktion wird. Es ist leider immer ein Trial-and-Error-Spiel. Daher weiß ich nie sicher, welche Ideen sich am Ende durchsetzen werden.

Mehr über Sean Yoro erfährst Du auf seiner Website.