Anaïs auf Werkbank

Paperart: Papierkünstlerin
Anaïs Herd-Smith im Interview

Anaïs lebt in Montreuil, einem Pariser Vorort. Sie ist Vollzeit-Papierkünstlerin und bastelt mitunter Monate an ihren Fantasiefiguren. Langweilig wird ihr das nie.

Anaïs vollendet Werkstück Anaïs vollendet Werkstück

Mit meiner Papierkunst möchte ich Neugier, Freude und Staunen erzeugen – all die schönen Gefühle, die einen durchströmen, wenn man ein Kind ist.

Anaïs Herd-Smith, Papierkünstlerin

Deine Papierfiguren sind sehr fantasievoll und märchenhaft gestaltet. Woher holst Du Dir die Inspiration für diese ungewöhnlichen Papierkunstwerke?

Anaïs Herd-Smith: Die meisten Inspirationen ziehe ich aus meiner Kindheit. Das reicht von Cartoons und Videospielen bis hin zu den Figuren auf den Kartons von Frühstücksflocken.

Du sagst ja, dass Du kleine Monster und Bestien bastelst. Eigentlich sehen die ganz lieb und fröhlich aus, gar nicht zum Fürchten. Was genau ist denn ein Monster für Dich?

Für mich ist ein Monster ein imaginäres Wesen. So einfach ist das. Ob es nett oder gemein ist, ist eine Frage des Standpunkts und des Zusammenhangs.

Deine Papierfiguren haben etwas Japanisches, Asiatisches, Exotisches. Wie kommt’s?

Als ich ein Kind war, gab es in Frankreich eine sehr beliebte Fernsehsendung, in der japanische Zeichentrickfilme gezeigt wurden. Als ich etwas älter wurde, bestimmten die Pokémons weite Teile meines Alltags – ich bin übrigens immer noch ein großer Fan! Als Teenager habe ich mich dann in unzählige Mangas vertieft. Meine Liebe zur japanischen Kultur wuchs immer weiter. Und als Erwachsene bin ich nach Japan gereist und habe entdeckt, dass dort fast alles zum Anlass genommen wird, um es zu illustrieren. Überall sind süße kleine Figuren zu finden. Sogar die Kanalplatten sind illustriert. Das fand ich beeindruckend.

Wie lange brauchst Du für eine Figur, zum Beispiel für den Monstrus Maniacus, diesen pinkfarbenen-violetten Fisch?

Die Zeit, die für die Herstellung einer Skulptur benötigt wird, variiert stark: von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen. Ich habe einen Monat gebraucht, um den Fisch fertigzustellen – Vollzeit. Alles beginnt mit Skizzen und Zeichnungen. Sobald ich zur Skulptur selbst übergehe, gibt es für mich kein Zurück mehr. Für den Fisch habe ich dann einen Drahtnetzrahmen gebaut, den ich mit Pappmaschee bespannt habe. Nach langer Zeichenarbeit wurde diese Struktur mit Seidenpapier überzogen. Um die feinen Farbabstufungen zu malen, habe ich eine Airbrush verwendet. Danach kommt die Phase, die ich am meisten liebe: alles zusammenbauen. Ich kann mich stundenlang mit diesem Arbeitsschritt beschäftigen. Es ist wie Meditation.

Welches Deiner Kunstwerke gefällt Dir am besten?

Der Renardus Monstrus ist für mich etwas ganz Besonderes, da er der erste aus meiner Monstrus-Reihe war. Ich habe das Gefühl, dass alles mit ihm angefangen hat. Ich werde diese Figur nie vergessen!

Willst Du mit Deinen Figuren etwas Bestimmtes ausdrücken?

Ich versuche, aus meiner Vorstellungskraft Gefühle zu erzeugen: Neugier, Freude, Staunen. All diese schönen Gefühle, die einen durchströmen, wenn man ein Kind ist.

Was ist die größte Herausforderung bei Deiner Arbeit? Benutzt Du ein spezielles Papier?

Ich verwende eine ziemlich dicke Papiersorte, 216 g/m². Schon allein deshalb, weil die größte Herausforderung bei meiner Arbeit darin besteht, nicht zu viel Kleber zu benutzen.

Stellst Du Deine Kunstwerke auch aus? Wo kann man sie sehen?

Ich stelle einiger meiner Arbeiten regelmäßig bei Kunstausstellungen aus. Auch die Fotografie ist ein wichtiges Thema bei meinen Skulpturen. Daher ist Instagram für mich eine gute Plattform, um mein Portfolio publik zu machen. Die meisten Werke sind allerdings Auftragsarbeiten für Bibliotheken, große Marken oder Veranstaltungen.

Bestimmt wollen viele das auch können, was Du machst. Hast Du einen besonderen Tipp für Leute, die mit dem Papierbasteln anfangen wollen?

Mein Rat an alle, die sich mit Papierkunst oder irgendetwas anderem beschäftigen: mit Leidenschaft in die Arbeit stürzen und dabei Spaß haben! Auch wenn es sich zunächst nicht auszahlt, ist das normal. Wir lernen aus unseren Fehlern und werden irgendwann Erfolg haben. Man muss es nur immer weiter versuchen und sollte an sich selbst glauben.

Mehr über Anaïs und ihre von der japanischen Kultur inspirierten Kunst gibt’s hier.