Design trifft Historie:
Sessel polstern mit Anne Karweg

Ausgediente Cocktailsessel werden in der Polsterei von Anne Karweg zu begehrten Sitzgelegenheiten: In ihrer Manufaktur „Wunschsitz“ in Bad Kreuznach polstert sie alte Möbel auf.

Warum alte Stühle aussortieren, wenn man sie neu polstern lassen kann?

Anne Karweg, Raumausstattermeisterin

Wunschsitze aus Bad Kreuznach

„Wie oft ich versucht habe, Karl Lagerfeld zu erreichen…“, Anne Karweg zeigt auf einen blauen Ledersessel. Eine Hommage an den Designer und seine Katze Choupette.

Wie gerne hätte sie das Einverständnis bekommen, das Möbelstück für einen guten Zweck zu versteigern. Leider vergeblich. Sie bekommt das Marketing des Labels, das den Namen des im Februar 2019 verstorbenen Designers trägt, einfach nicht ans Telefon. Doch sie will es weiter versuchen.

Der Sessel gehört zu Karwegs Signature-Kollektion „Wunschsitz“, die ihrer kleinen Polsterei-Manufaktur in Bad Kreuznach den Namen gibt.

Cocktailsessel aus den 50ern

Rohmaterial der Wunschsitze sind Cocktailsessel aus den 50er-Jahren. Karweg bereitet sie auf, polstert und gestaltet sie individuell. Entweder in Kooperation mit Künstlern oder nach eigenen Entwürfen.

Auch Auftragsarbeiten fertigt sie an. Einmal zum Beispiel hat ein Kunde sich einen Sessel gewünscht, der ein geometrisches Muster von Mondrian in Pastellfarben interpretiert.

Viele alte Sessel sind abgenutzt und durchgesessen, der Bezug ist ramponiert. Karweg entfernt zunächst alles bis auf das Holzgestell. Dieses wird dann neu geleimt, damit der Sessel wieder schön stabil ist.

Schritt für Schritt zum neuen Sessel

Anschließend baut die gelernte Raumausstatterin die Sitzfläche Lage um Lage auf. Sie misst die Fläche aus, berechnet die Mitte und beginnt mit dem Gurten des Stuhls.

Dabei werden die stabilen Gurte erst längs, dann quer gespannt und fest getackert. Danach platziert Karweg die Federn, befestigt sie mit Krampen am Holz und mit Wachsfäden an den Gurten. Die Federn werden geschnürt und mit einem Federleinen umhüllt, das fest getackert wird.

Aus Palmenfasern fertigt Karweg schließlich die sogenannte „Fasson“ zum Formen der Sitzfläche und ummantelt sie mit Schaumstoff und Watte.

Glücksquelle Sessel polstern

Jetzt kann sie mit dem Bezug aus Leder oder Kunstleder beginnen. Jeden Schritt fertigt die Polsterin mit höchster Präzision und Konzentration.

Karweg liebt die Materialien, die Sessel. Man merkt ihr an, wie glücklich sie bei ihrer Arbeit ist und wie sie darin aufgeht. In jedem ihrer Sessel steckt Handwerk vom Feinsten.

Etwa 100 Stunden Arbeit braucht sie für einen individuellen Wunschsitz. Haben Kunden einen Sessel in Auftrag gegeben, informiert Karweg sie fortlaufend mit Fotos und kleinen Statusberichten über den Produktionsablauf.

Möbelstück mit Geschichte

Wer sich für einen Wunschsitz entscheidet, bekommt mehr als nur ein hochwertiges individuelles Sitzmöbel. „Jedes Möbelstück hat eine Geschichte“, so Karweg. „Kennt der Kunde sie, entwickelt er eher eine emotionale Bindung zu dem Stück.“

Karweg fügt jedem Wunschsitz ein Exposé bei, das die Geschichte des Sessels erzählt. Man findet es unterhalb der Sitzfläche hinter einem Reißverschluss im Bezug.

Mit ihren Sesseln schreibt die Polsterin, die auch privat nachhaltig lebt, so ein Stück Zeitgeschichte fort und setzt der Wegwerfkultur etwas entgegen.

Nur aus Qualität wird Qualität

Neben Cocktailsesseln polstert Karweg auch alte Stühle und Hocker auf. Sie verwendet nur Stoffe renommierter Hersteller: „Man muss mit Qualität arbeiten, wenn man Qualität erzeugen möchte.“

Gerade alte Möbel sind oft aus hochwertigem Holz. Sie halten noch lange und bringen – frisch bezogen und aufgepolstert – neuen Glanz ins Zuhause.

„Warum also alte Stühle aussortieren, wenn man sie neu polstern und beziehen lassen kann?“ Das hätten auch die Kunden erkannt, die mal aus der Nachbarschaft häufig aber auch von weither kommen.

Karweg steckt so viel Liebe, Zeit und Können in ihre Sessel, dass sie stets auch einen Teil ihrer eigenen Geschichte weitergibt. Und so werden diese Geschichten in die ganze Welt hinausgetragen.

Mehr Infos: wunschsitz.de

Holzaufbereitung:
So werden beanspruchte Möbel wieder schön

Stühle, Sessel, Tische und andere Möbelstücke aus Holz werden tagtäglich angefasst, verschoben, als Ablage verwendet und sind unterschiedlich stark Sonnenlicht ausgesetzt. Diese Beanspruchungen hinterlassen ihre Spuren. Doch Holz verzeiht und lässt sich gut aufarbeiten.

Oft hilft es schon, wenn Du Staub und Schmutz gründlich entfernst und eine geeignete Politur oder ein Holzöl dünn aufträgst. Lackierte oder gestrichene Möbel jedoch benötigen oft eine aufwändigere Behandlung. Dabei mit Schleifpapier den Lack oder die Farbe entfernen. Du kannst dafür zunächst eine grobe Körnung (z. B. 100er) verwenden und abschließend auf 180er- oder 240-er-Körnung wechseln.

Generell stets in Richtung der Maserung arbeiten. Für filigrane Muster und andere schwer erreichbare Stellen eignet sich flexible Stahlwolle.

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