
Reparieren statt wegwerfen:
Heinrich Jung macht’s wieder heil
Mit seinem Team von der „Blitzblume“ bringt der Tüftler aus Ingelheim gebrauchte Elektrogeräte wie Waschmaschinen, Trockner und Toaster wieder zum Laufen.


Ein Gerät, das 15 oder 20 Jahre gelaufen ist, hat sich bewiesen. Es hat es verdient, repariert zu werden.


Gegenpol zur Wegwerfgesellschaft
Im Jahr 1983 stellte sich Heinrich Jung die entscheidende Frage: „Was kann ich als Elektromeister für den Umweltschutz tun?“ Seine Antwort kam schnell: reparieren statt wegwerfen. Einen Gegenpol setzen zur Wegwerfgesellschaft. Alten Elektrogeräten ein neues Leben geben, anstatt sie zu entsorgen und durch neue Ware zu ersetzen.
Die Mission des gelernten Starkstromelektrikers begann. Er gründete in Augsburg sein Reparaturgeschäft Blitzblume, mit dem er dann 1991 nach Mainz und kurz darauf ins rheinland-pfälzische Ingelheim zog. Dort ist er längst zu einer lokalen Berühmtheit geworden. Für seine Arbeit erhielt er den Umweltpreis des Landes Rheinland-Pfalz sowie den Goldenen Schraubenzieher des RTR (Runder Tisch Reparatur), einem Verein, der sich für eine neue Kultur der Reparatur in Deutschland einsetzt.


Mehr als 3000 Reparaturen im Jahr
Hinter einem grünen Metalltor liegt sein Geschäft, hier beginnt Jungs Welt. Überall stehen Geräte, die repariert werden sollen. Vor allem weiße Ware, also Spülmaschinen, Waschmaschinen, Trockner. Und natürlich Kleingeräte: von der Kaffeemühle über Toaster und Hightech-Ventilator bis hin zum Thermomix.
Die zu reparierenden Geräte kommen von überall her: eine Lampe aus Baden-Baden, ein Frequenzumrichter aus Leipzig, ein Pool-Putzroboter aus Dresden. Dazu gesellen sich die ganzen Hausbesuche, die der Blitzblume-Außendienst täglich macht – mit Elektroautos, versteht sich.
Weit über 3000 Geräte reparieren Heinrich Jung und sein Team von der „Blitzblume“ jährlich. „Zudem gibt es bei mir immer einen Mehrwert neben der Reparatur. Die Verbraucheraufklärung ist mir enorm wichtig“, erklärt Jung. Seine zwei wichtigsten Tipps:
• Waschmittel direkt in die Wäschekammer und nicht in das dafür vorgesehene Fach geben sowie keinen Weichspüler verwenden.
• Küchenkleingeräte wie Mixer oder Pürierstab nie länger als vier bis fünf Minuten am Stück verwenden.


Geräte gehen immer früher kaputt
In drei große Felder teilt Jung die Gründe für eine Reparatur auf: Bedienfehler (der Klassiker: Münzen oder andere Gegenstände, die Rohre oder Pumpen verstopfen), Verschleiß sowie Fertigungs- oder Konstruktionsfehler. Letztere hätten, so Jung, in den vergangenen 20 Jahren extrem zugenommen.
Für ihn hat sich ein Gerät, das 15 oder 20 Jahre gelaufen ist, bewiesen. Doch die Geräte, die er und seine Kollegen reparieren, würden immer jünger werden. Vor allem Anfang der 90er-Jahre führte Jung eine präzise Statistik. Bei defekten Waschmaschinen waren damals in etwa drei Prozent aller Fälle die Heizungsmodule kaputt. Heute liegt diese Zahl bei 20 Prozent.


Häufig wird ohne Ersatzteile repariert
Vom blinden Austauschen ganzer Baugruppen hält Jung nichts. Auch hier geht es um Nachhaltigkeit und um Sinn und Verstand. Häufig sind nur kleine elektronische Bauteile wie Relais, Kondensator oder Offline-Switcher defekt. Oder Dichtungen. Der Materialeinsatz liegt dann bei weit unter zehn Euro. „In vielen Fällen können wir die Geräte sogar ganz ohne Ersatzteile reparieren“, sagt Jung.
Was er sich für die Zukunft wünscht? „Konkurrenz“, sagt Heinrich Jung. Da spricht wieder der Überzeugungstüftler aus ihm. Hier geht es nicht um ein Geschäft, sondern um eine Haltung. Um einen Auftrag: So viele Geräte zu reparieren wie nur irgendwie möglich und aktiv etwas tun gegen die riesigen Mengen Elektroschrott, die sich jedes Jahr anhäufen. „Diese Arbeit kann man nicht allein machen. Jede Stadt braucht Tüftler wie uns.“