
Spielplatzbauer: Mehrtens
erschafft einzigartige Welten
Spielplätze gibt es überall. Manche erfüllen nur ihren Zweck, andere sind dagegen einzigartig, wunderschön und liebevoll verspielt gestaltet. Das gilt vor allem für Spielgeräte aus Holz. Aber wer baut sowas – und wie? Das haben wir uns gefragt und waren zu Besuch in der Werkstatt von Mehrtens Spielplatzbauer in Rosenheim. Denn hier entstehen Spielplätze der besonderen Art – handgefertigt, maßgeschneidert und so kreativ, dass es schwerfällt, nicht selbst wieder zum Kind zu werden.


Kleiner Betrieb, große Projekte
In der großen Lagerhalle stehen vier Männer an ihren Arbeitsgeräten und schleifen, sägen und fräsen die hellen Robinienholzstämme in immer neue Formen. In der Luft schwebt Holzstaub, an dem sich die Morgensonne bricht; nur mit lautem Sprechen lässt sich der Lärm der Maschinen übertönen.
„Die meisten Spielplätze werden heutzutage nach Katalog bestellt. Wir dagegen bauen alles selbst. Das ist das Besondere an unserer Art der Spielplatzgestaltung“, sagt Christian Rein, Diplom-Ingenieur und Designer der Spielplätze von Mehrtens Spielplatzbauer.
Seit zehn Jahren konzeptioniert er gemeinsam mit seiner Frau Kathrin die einzigarten Themenwelten: Ob Ritterburg, Westernstadt, Feuerwehr oder Piratenschiff – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. „Alles passiert nach Kundenwunsch. Dadurch wird einem die Arbeit nie langweilig“, ergänzt Rein.


30 Jahre Erfahrung im Spielplatzbau
Es ist nur ein kleines Team von fünfzehn Personen, das seit über dreißig Jahren individuelle Spielplätze kreiert. Geleitet wird das Unternehmen von Dierk Mehrtens, gebürtiger Bremer, der schon zur Schulzeit bei einem regionalen Spielplatzausstatter gejobbt hat. Nach der Schule ging er nach Rosenheim, um dort Holztechnik zu studieren – damals sei das die einzige Hochschule in Deutschland gewesen, die den Studiengang anbot, so der Chef.
Bereits kurz nach seiner Ankunft in Bayern gründete er sein eigenes Unternehmen und finanzierte mit ersten Spielplatzaufträgen sein Studium. Von Anfang an setzt Mehrtens auf selbstgebaute Unikate, die er stets gemeinsam mit den Kunden entwickelt. „Mir war immer wichtig: Ich will keine Massenproduktion, keinen Katalog, aus dem man sich eine Schaukel und drei weitere Spielplatzgeräte aussucht.“


Sicherheit trifft auf Fantasie
Neben Kreativität und Individualität gibt es einen dritten Aspekt, den kein Spielplatzbauer vernachlässigen darf: „Die Sicherheit der Kinder hat höchste Priorität“, erklärt Mehrtens. „Da machen wir keine Kompromisse.“ Die Sicherheitsstandards in der Branche sind dementsprechend streng – alle Spielplatzgeräte müssen vom TÜV oder einem zertifizierten Spielplatzprüfer abgenommen werden.
Mehrtens und Rein sind selbst Prüfer und wissen daher am besten, worauf es ankommt. „Es darf zum Beispiel keine Stellen geben, an denen sich ein Kind mit einer Kapuze oder einem Schal verhaken und strangulieren könnte. Auch die Fallhöhe von maximal siebzig Zentimetern muss immer beachtet werden“, fügt Rein hinzu.
„Spielplatzgeräte sind dazu da, dass man an ihnen hochklettert. Wenn ein Kind fällt, muss der Untergrund den Sturz entsprechend abfangen können. Daher gilt: Je höher das Gerät, desto größer die Fläche an Fallschutz um das Gerät herum.“
Von der Zeichnung zum Ziel
Sobald Location, Budget und Grundidee eines neuen Spielplatzes geklärt sind, beginnt der kreative Teil des Prozesses. „Christian entwickelt gemeinsam mit dem Kunden das gewünschte Design, seine Frau Kathrin fertigt die Konzeptzeichnungen an“, erklärt Moritz Bacher, technischer Zeichner des Unternehmens. „Ist der Kunde mit den Vorschlägen zufrieden, setze ich die Geräte als CAD-Zeichnungen um.“
Einzigartig ist, dass Kunden den Prozess von Anfang bis Ende mitgestalten können. Dadurch kommen mitunter völlig einzigartige Kreationen zustande. „Ein Kunde wollte als Spielgerät einen Bagger im Originalmaßstab. Wir haben daraufhin den einzigen Spielplatzbagger in Lebensgröße in ganz Deutschland gebaut.“
Aufbau in der Werkhalle
Lässt sich ein Spielplatzgerät nicht allein per Zeichnung konzeptionieren, baut Rein zusätzlich ein Modell im Miniaturmaßstab. „Nur so weiß die Produktion genau, wie jedes Teil angeordnet sein muss.“ Die Detailverliebtheit und Präzision sind beeindruckend. Jeder Balken und Pfosten wird nummeriert, jeder Winkel genau vermessen, damit später beim Aufbau auf der Baustelle alles perfekt passt.
Sobald die Entwürfe fertig sind, geht es in die Werkhalle. Jedes Gerät wird vor dem Transport einmal vollständig in der Halle aufgebaut: „Die Werkstatt ist manchmal so voll, dass man kaum noch einen Fuß auf den Boden setzen kann“, erzählt Mehrtens. „Dann stehen hier riesige Klettergerüste und manchmal ganze Themenwelten nebeneinander.“ Eine frei angestellte Schnitzerin fertigt zusätzlich handgeschnitzte und -bemalte Wippen in Tierform an – von Pferden und Zebras bis hin zu Marienkäfern.


Die Holzart, die alles überdauert
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von Mehrtens Spielplatzbauer ist das Material, mit dem sie arbeiten: „Wir nutzen seit zehn Jahren ausschließlich Robinienholz“, erklärt Rein. „Die Holzart ist widerstandsfähig und kann ohne chemischen Holzschutz direkt in den Boden gesetzt werden.“
Auch optisch hat die Sorte ihren Reiz. Denn bei Mehrtens werden die Stämme so oft es geht in ihrer natürlichen Form verbaut, wodurch jedes ihrer Spielplatzgeräte aus Holz ein wenig anders aussieht.
„Wir sind hier in der Region die Einzigen, die so intensiv mit Robinie arbeiten“, sagt Mehrtens. „Das gibt uns einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz.“ Während in Bayern noch viel mit standardisierten Kunststoff- oder Metallspielgeräten gebaut wird, ist man bei Mehrtens überzeugt: Holz ist nicht nur ästhetisch ansprechender, sondern auch nachhaltiger.
„Die meisten Spielplätze aus herkömmlichen Materialien müssen nach zehn bis fünfzehn Jahren erneuert werden“, erklärt Mehrtens. „Unsere Spielplätze halten doppelt so lange – und bestehen nur aus Materialien, die sich wiederverwerten oder nach der Demontage anderweitig nutzen lassen.“


Spielplatzbauer: Beruf mit Zukunft?
Für Mehrtens und sein Team ist der Spielplatzbau nicht nur Beruf, sondern Leidenschaft. Und für seine Art des Spielplatzbaus sieht Mehrtens nach wie vor großen Bedarf: „Kinder brauchen Möglichkeiten für das Erlernen komplexer motorischer Fähigkeiten. Wir können zwar nur einen kleinen Beitrag leisten, aber wir wollen Kindern mit unseren Spielplätzen einen sicheren Raum geben, in dem sie sich ausprobieren können und gerne aufhalten.“
In einer Zeit, in der viele Kinder ihre Freizeit vor Bildschirmen verbringen, setzt Mehrtens auf handgemachte, natürliche Spielplätze, die Kinder zurück zur Natur führen – mit dem Gefühl, das er selbst noch kennt: „Ich bin auf dem Bauernhof und im Wald groß geworden. Dort lernt man am meisten. Und genau das möchten wir den Kindern von heute weitergeben.“