
Glasblasen lernen bei Glasmacherin Pia Hoff
Die manuelle Glasfertigung üben weltweit nur noch wenige aus. Doch Glasmacherin Pia Hoff hält ihre Öfen auf Temperatur und so ein jahrhundertealtes Handwerk am Leben. Die Kurse der Künstlerin sind heiß begehrt. Doch wir hatten Glück und waren bei einem dabei.


„Es dauerte nur einen Funkenschlag,
und ich war sofort von diesem
unvergleichlichen Material angetan.“


Glasblasen lernen beim Heißglas-Workshop
Im Inneren des Schmelzofens herrschen an die 1300 Grad Celsius. Ein Hitzeschwall kommt der Workshop-Leiterin Pia Hoff entgegen. Doch sie steht gelassen vor dem Feuer und ist ganz in ihrem Element. Ein- bis zweimal pro Monat mietet sie sich u. a. in der Willinger Glasmanufaktur ein, um in Heißglas-Workshops ihr handwerkliches Wissen weiterzugeben.
Bevor der Kurs losgeht, macht sich Pia noch schnell am Ofen „warm“. Sie zieht ein knapp eineinhalb Meter langes, aus Edelstahl gedrehtes Rohr aus dem Feuer: ihre Glasmacherpfeife. Pia taucht die etwa 800 Grad Celsius heiße Pfeife in den Schmelzofen daneben. Darin befindet sich das flüssige Glas. Sie entnimmt den sogenannten Glasposten, eine honigartige Konsistenz aus Quarzsand, Soda und Pottasche und pendelt mit großen Schwüngen die Pfeife einmal nach links und rechts.
Dann schleudert sie sie im Uhrzeigersinn mehrmals akrobatisch um die eigene Achse durch die Luft. Anschließend hält die Glasmacherin die Pfeife an ihren Mund und bläst kräftig hinein. Die Masse wölbt sich nach außen, es entsteht ein Hohlkörper. Jetzt taucht sie die Masse in verschiedene Farbmehle und drückt sie auf eine Metallplatte, auf die sie zuvor bunte Glasgranulate gestreut hat. Das Glas nimmt die Granulate auf. Dann geht es wieder in den Ofen. Ein Spiel mit der Zeit – das Glas darf nicht zu kalt werden.


Wallfahrtsort für Glaskünstler
Während das Glas im Ofen ist, erzählt Pia wie sie Glasbläserin wurde. Ursprünglich wollte sie Kunst auf Lehramt studieren und an einem Gymnasium unterrichten. Während eines Auslandssemesters in Amerika belegte sie jedoch zufällig einen Kurs im Glasblasen. „Es dauerte nur einen Funkenschlag, und ich war sofort vom Umgang mit diesem unvergleichlichen Material angetan“, berichtet die 37-Jährige.
Nach ihrer Ausbildung zur Glasmacherin reiste Pia durch die Welt, lernte das Glasmachen an historisch bedeutsamen Plätzen – wie der legendären Insel Murano bei Venedig: „Ein mehr als magischer Ort“, schwärmt Pia Hoff. Murano ist so etwas wie ein Wallfahrtsort für Glaskünstler. Bereits vor vielen Jahrhunderten, als Techniken der Glasformung aus dem Orient bekannt wurden, genoss venezianisches Glas enorme Beliebtheit.
„Auf Murano war ich umgeben von Glasmachern und Glasbläsern. Ich lernte das Handwerk dort, wo es in der Entwicklung von europäischem Klarglas im Grunde seinen Ursprung hat.“ Danach setzte sie ihre Reise durch Europa fort und machte sich kurzerhand mit ihrem Label HOFF GLAS selbstständig. Für die Fertigung ihrer Stücke bucht sie sich deutschlandweit in Glashütten ein.
Teilnehmer erleben Glasblasen hautnah
Zurück zum Workshop: Pia entnimmt dem Ofen erneut die Pfeife, setzt sich auf eine nahe stehende Holzbank und formt das Stück weiter. Sie nimmt einen gewölbten Holzlöffel, das sogenannte Wulgerholz, der in einem Eimer mit Kühlwasser steht. Sie umschließt damit das dampfende Glas und umkreist es mehrmals. Mit einer Zange zieht sie zeitgleich eine dünne Schicht vom Körper weg und formt so einen Rand. Schließlich stellt Pia es in den „nur“ 500 Grad Celsius kalten Kühlofen.
Mit den Workshop-Teilnehmern stimmt Pia kurz die Sicherheitsrichtlinien ab und schwört die Gruppe auf vier intensive Stunden ein. Nach kurzen Trockenübungen mit der Glasmacherpfeife am Modellofen geht es ans echte Feuer. Die anfangs beschriebenen Handgriffe wiederholen sich.
„Das Glasblasen habe ich mir tatsächlich leichter vorgestellt“, erklärt Kursteilnehmer Hannes. „Der Widerstand ist doch sehr stark. Bekommst du nicht genügend Luft rein, bleibt der Glaskörper zu klein und hat kaum Volumen. Bläst du zu stark, kann er kaputtgehen – das ist ein echter Drahtseilakt.“ Hannes mustert sein Stück und pustet erneut, während Pia ihn motiviert. Schließlich geht es auch für sein Stück in den Kühlofen.


Das Ergebnis braucht Zeit
Erst am nächsten Tag weiß man, wie sich alle Farben zueinander verhalten und am Ende entwickeln. „Die Moleküle“, erklärt Pia, „brauchen Zeit, um sich anzuordnen. Aber das macht das Glasblasen so besonders. Zeit ist dabei mindestens so wichtig wie Feuer.“ Ausdauer braucht es auch, bis man das Handwerk beherrscht. Laut erfahrener Glasmacher und der UNESCO sind zehn Jahre nötig. Die wenigsten Lehrlinge haben diese Geduld.
Ein Grund, warum dieses Handwerk langsam verschwindet. Ein weiterer: Glasmachen ist extrem energieintensiv und dadurch mit hohen Kosten verbunden. In Deutschland gibt es noch etwa 500 Glasmacher. Darunter sehr wenige Frauen – Pia zählt zu den letzten ihrer Art. Ob sie sich als Künstlerin oder Handwerkerin versteht? „Ich sehe mich als leidenschaftliche Handwerkerin und Designerin, die etwas Kunstvolles erschafft.“