Abenteuer mit Kindern: Fährten und
Vogelrufe erkennen – die Spuren des Waldes lesen

Winnetou, Indiana Jones und der „Woid Woife“ Wolfgang Schreil… Du denkst, die beiden fiktiven Charaktere haben nichts mit dem bayerischen Naturschützer gemeinsam? Falsch! Auf ihre Art sind alle drei Abenteurer und Entdecker. Und ein ebensolcher kannst Du auch ganz einfach selbst werden, wenn Du lernst, die Spuren und Fährten in unseren heimischen Wäldern zu lesen. Das ist nicht nur für Kinder und junge Spurensucher ein großer Spaß. Hier erhältst Du einige Tipps, was Du beim genauen Hinsehen und -hören im Wald alles entdecken kannst.

Porträtbild Woid Woife Porträtbild Woid Woife

Für Wildbegegnungen muss man sich Zeit nehmen.

Wolfgang Schreil (Woid Woife)
Woid Woife mit Vogel auf der Hand Woid Woife mit Vogel auf der Hand

Der „Woid Woife“ – ein Leben mit und in der Natur

Wolfgang Schreil war Totengräber und einer der stärksten Männer Europas. Türsteher war er auch schon. Und Fotograf. Naturfotograf. Auf den ersten Teil, auf die Natur, darauf kommt es ihm an.

Hier, in einem ausgebauten Bauwagen im Bayerischen Wald, kommt er zur Ruhe, studiert die Natur und ihre Bewohner. Mit manchen von ihnen kann er sogar kommunizieren. Auf sein Pfeifen hin kommen beispielsweise unterschiedlichste Wildvögel angeflogen und fressen ihm aus der Hand. Selbst großen Tieren wie einem Hirsch kann sich der Mann mit der „bärigen Statur“, dem grünen Filzhut und den blauen Augen bis auf wenige Meter nähern.

Seine Kunstfigur, der „Woid Woife“, ist eine kleine Berühmtheit und zugleich Aushängeschild seiner Heimatgemeinde Bodenmais. Mittlerweile gibt es nicht nur Filme und Bücher über den Woid Woife, sondern ebenfalls von ihm geführte Touren und Vorträge. Wenn er vom Bauwagen aus zu einem seiner Streifzüge in den Wald startet, sind all seine Sinne geschärft. Er achtet auf Spuren ebenso wie auf Geräusche und Gerüche. Das kannst auch Du üben.

Spur im Waldboden Spur im Waldboden

Spuren auf dem Boden: „Trittsiegel“ richtig deuten

Egal, ob an einem warmen, trockenen Sommertag, im Herbst nach einem üppigen Regenguss oder beim winterlichen Spaziergang im verschneiten Märchenwald – zu jeder Jahreszeit lohnt es sich, die Augen und Ohren im Wald offen zu halten. Im Laub, auf dem matschigen Waldboden oder im Schnee, überall gibt es Spuren zu entdecken. Verhalte Dich dabei am besten immer sehr ruhig, um die Waldtiere nicht zu erschrecken.

Eine der klassischsten und aussagekräftigsten Fährten, die Du auf dem Waldboden entdecken kannst, sind natürlich die Fußspuren. Der Experte spricht beim Fußabdruck unterschiedlicher Säugetiere übrigens vom sogenannten „Trittsiegel“. Grundsätzlich wirst Du beim genauen Blick auf den Waldboden schnell feststellen, dass es sehr unterschiedliche Arten von Fußspuren gibt: jene der Paarhufer, Spuren von Tatzen und Pfoten und Spuren, die nicht unmittelbar vom Fuß stammen. Letztere sind meist sehr einfach zu lesen. Ist es ein Schuhabdruck, kommt nur ein Mensch infrage – bei einem halbrunden Hufeisen liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass hier ein Pferd entlanggelaufen ist. Ist das Hufeisen jedoch sehr klein, kann es sich auch um ein Pony gehandelt haben.

Pfoten-Abruck auf Waldboden Pfoten-Abruck auf Waldboden

Was Dir Pfoten-Abdrücke verraten können

Schwieriger wird die Sache da schon bei Trittsiegeln von Pfoten und Tatzen. Am besten zählst Du erst mal die „Zehen“.

Kleine, längliche Abdrücke mit fünf Zeh-Abdrücken stammen von einem Igel. Große Abdrücke mit fünf Zehen und sehr langen Krallen stammen wahrscheinlich von einem Dachs.
Sind die Abdrücke kleiner, die Zehen länglicher, die Krallen dafür recht kurz, handelt es sich um die Spuren eines Waschbären.
Kaninchen und Feldhase hinterlassen meist äußerst markante Abdrücke, bei denen die Spuren der Hinterläufe wesentlich länger sind als jene der Vorderpfoten, die eher nach einem kreisrunden Abdruck aussehen.

Hast Du Tatzen-Abdrücke mit einem großen Ballen in der Mitte und vier kleineren Ballen mit Krallen drumherum entdeckt, handelt es sich voraussichtlich um die Abdrücke eines Hundes, eines Fuchses oder sogar eines Wolfes.
Aber wie kannst Du sie unterscheiden? Der Abdruck von Füchsen ist meist etwas kleiner, die vorderen Ballen sind fast rund und die vorderen beiden Krallen zeigen leicht nach innen – wie die Spitze eines Pfeils. Bei einem Hund sind die Ballen alle relativ gleich groß, alle vier Krallen zeigen gerade nach vorne. Bei einem Wolf hingegen sind die vorderen beiden Ballen samt Krallen leicht nach innen, die äußeren Ballen nach außen geneigt. Und wenn Du Dich wunderst, wie klein die Spur ist, kommt sie wahrscheinlich von einer Katze.

Reh, Hirsch oder doch Wildschwein? Spuren von Paarhufern

Doch was ist mit Rehen, Hirschen oder Wildschweinen? Diese Tiere sind sogenannte Paarhufer. Du erkennst ihre Trittsiegel an den jeweils eng und fast parallel zueinander stehenden Hufen.

Ist der Abdruck zwischen drei und sechs Zentimetern lang und maximal zweieinhalb Zentimeter breit, hast Du die Spur eines Rehs gefunden.

Meist kannst Du hinter dem eigentlichen Abdruck der Hufe noch zwei kleine Abdrücke sehen – sie kommen vom sogenannten „Geäfter“, den rückgebildeten Zehen. Diese kleinen Abdrücke helfen Dir dabei, die Trittsiegel von Hirsch und Wildschwein zu unterscheiden. Denn beide haben leicht ovale, nach außen gewölbte Hufe, mit denen sie sehr ähnliche Spuren hinterlassen.
Der Unterschied: Die kleinen Abdrücke der Geäfter stehen beim Wildschwein sehr nah an denen der Hufe und sind sogar etwas breiter als der Huf-Abdruck. Beim Hirsch ist der Abstand etwas größer, dafür sind die kleinen Abdrücke niemals breiter als der des Hufs.

Eichhörnchen auf Baum Eichhörnchen auf Baum

Hat’s geschmeckt? Nage- und Verbissspuren deuten

Ein abgeknabberter Fichtenzapfen auf dem Waldboden ist ein untrügliches Zeichen: Hier war ein Eichhörnchen am Werk. Die kleinen Allesfresser nagen an den Zapfen wie wir an einem Maiskolben. Auch viele abgeknabberte Jungtriebe an einem Baum deuten auf ein Eichhörnchen hin.

Sind junge Triebe in Knöchelhöhe ganz gerade abgebissen, kann das auf das Werk eines Hasen oder Kaninchens hindeuten.

Bei Mäusen ist die abgebissene Stelle meist etwas ausgefranster.

Siehst Du Verbissspuren an einem größeren Zweig oder Ast, war wahrscheinlich ein Reh oder Hirsch am Werk. Sie beißen in einen Ast hinein und reißen ihn dann ab – dementsprechend ausgefranst sind die Ränder.

Ein großflächig umgewühlter Boden hingegen ist ein ganz klares Indiz: Hier haben Wildschweine nach Nahrung gesucht.

Hinterlassenschaften eines Hasen Hinterlassenschaften eines Hasen

Verräterische Hinterlassenschaften

Selbst der Kot verrät Dir so einiges über den Waldbewohner, der ihn hinterlassen hat. Genauer gesagt: seine Form.

Ist dieser klein, fest und rund, handelt es sich sehr wahrscheinlich um die Hinterlassenschaften eines Vegetariers – im Tierreich eher Pflanzenfresser genannt. Sicherlich hast Du schon mal Hasenkötel gesehen. Der Kot von Rehen sieht ganz ähnlich aus – nur etwas größer und nicht ganz so rund.

Länglicher Kot in „Würstchenform“ deutet hingegen eher auf einen Fleischfresser hin. Ganz besonders, wenn noch Fell und Haare zu sehen sind. Hier ist vielleicht vor Kurzem ein Fuchs vorbeigekommen.

Kleine Flatscher hingegen stammen meistens von Vögeln.

Meise sitzt auf Hand Meise sitzt auf Hand

Stimmen aus der Luft

Pssst. Sei ganz leise und höre auf all die Geräusche im Wald. Vielleicht hörst Du ja ein kleines Tier im Gebüsch rascheln. Oder unzählige Vogelstimmen, die durch die Baumkronen hallen.

Hörst Du ein schnelles Hämmern auf Holz, solltest Du nach oben schauen. Vielleicht findest Du ja den Verursacher des Klopfens: einen Specht.

Das namensgebende Geräusch eines Kuckucks ist natürlich ebenfalls problemlos zuzuordnen.

Bei Meise, Drossel oder Rotkehlchen wird es schon schwieriger.

Doch wenn Du Dich ein bisschen damit beschäftigst, wirst Du auch sie schon bald auseinanderhalten können.

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